Die in der Ausstellung vorgestellten gebrauchsgrafischen Arbeiten von einem relativ unbekannten, 1913 in Bad Orb geborenen Alfred Schmidt, wurden zunächst in einem Keller in Langen entdeckt und daraufhin auch noch andernorts in abgelegten Mappen aufgefunden. Es betrifft die von Alfred Schmidt angefertigten sogenannten Reinzeichnungen – die Original-Vorlagen für Druckerzeugnisse – und zugleich auch sein freies zeichnerisches Werk.
Gebrauchsgrafische Arbeiten bekommt man als Original selten in die Hand. Nachdem seinerzeit eine Reinzeichnung ihre Verarbeitung in einer Klischeeanstalt durchlaufen hatte, landete sie zumeist, nun, sagen wir mal nicht gleich im Papierkorb, doch gerieten sie recht schnell in Vergessenheit und wurden kaum pfleglich behandelt und verwahrt. Ihre inhaltliche Botschaft war auch schon bald „Schnee von gestern“.
Nochmals: Warum ? In der Kunstgeschichte findet die Leistung von Gebrauchsgrafikern kaum eine Berücksichtigung. Obwohl deren Kreationen nun schon über ein Jahrhundert in der visuellen Kommunikation dominant sind. Hier und da ist ein Gebrauchsgrafiker durchaus schon mal kurzweilig zu Ruhm und Ehren gekommen. Doch wer spricht noch von Heinz Edelmann, Karl Oskar Blase, Hans Hillmann, von Michael Engelmann, von dem Duo Michel/Kieser oder gar von Rambow/Lienemeyer ? … um nur ein paar deutsche Namen der letzen Jahrzehnte zu nennen. Ihre Werke sind sehr wohl archiviert und dokumentiert, doch wenig präsentiert und kaum im kultur- oder gar kunsthistorischen Bewusstsein.
Nun also zeigt die »Initiative GG« im Groß-Gerauer Stadtmuseum Originalarbeiten von Alfred Schmidt, teils sogar Entwürfe und Skizzen. Die Reinzeichnungen führen exemplarisch vor Augen, wie vor den PC-Zeiten sowohl Schrift als auch Bild noch mit feinstem Pinsel angelegt wurden, um beispielsweise für Plakate, Displays oder Anzeigen als einwandfreie Druckvorlagen zu dienen. Nicht nur die handwerklichen Fertigkeiten lassen den heutigen Betrachter erstaunen, sondern auch die zeitgeschmacklichen Ausdrucksformen in Bild und Text. Präsentiert werden Arbeiten aus der Zeit von 1947 bis Mitte/Ende der 1960er Jahre. Schmidts Frühwerke sind Opfer der Kriegsflammen geworden.
Die Ausstellung tangiert auch das persönliche Schicksal von Alfred Schmidt. Ausgebildet als Plakatmaler war er ab 1935 – nach einem zusätzlichen vorübergehenden Besuch der damaligen Kunstgewerbeschule in Kassel – für die Kaufhof AG in Kassel und Oberhausen tätig. Ab 1937 bis Kriegsbeginn ist er in Bautzen und Liegnitz im damaligen Schlesien als Werbeleiter beschäftigt. Eingezogen als Zeichner nimmt er am Weltkrieg teil und hat als solcher nie ein Gewehr verwendet. Erst aus der Zeit der Kriegsgefangenschaft in Frankreich kann die Ausstellung zeichnerische Arbeiten von A. Schmidt vorweisen. Skizzenbücher mit Porträtzeichnungen von Mitgefangenen und Landschaftseindrücken sowie liebevoll illustrierte Postkarten an seine beiden Söhne, von denen er den jüngeren noch nicht hatte sehen können, sind die frühesten Belege seines zeichnerischen Talents. Dieses Talent übte er immerzu. Dies wird in der Ausstellung auch deutlich hervorgehoben.
Im März 1947 heimgekehrt firmierte Alfred Schmidt sofort als freischaffender Maler und Grafiker. Tätig war er zunächst in Bad Hersfeld, ab Ende der 1950er Jahre dann in Frankfurt am Main, wo er 1990 starb.
Eröffnung der Ausstellung: Freitag, 5. Juni 2015, 19 Uhr Stadtmuseum Groß-Gerau Am Marktplatz 3
Geöffnet bis 12. September: * Mi u. Sa 10–12, Do 14–17, So 13–17 Uhr *Während der hessischen Sommerferien nur an Sonntagen geöffnet.
Download der Einladung (Vorderseite - Rückseite)
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